Die Laute des Quenya

 

Beren beschafft einen Silmaril wieder - Eissmann

 

Die Basisvokale des Quenya sind a, e, i, o, u (alle jeweils kurz und lang). Sie können auch zu Kombinationen zusammengesetzt werden, die dann Diphthongs heißen: Gruppen von zwei Vokalen, die wie eine Silbe ausgesprochen werden (im Deutschen beispielsweise ei und au). Es gibt im Quenya drei Diphthongs auf i (ai, oi, ui) und drei auf u (au, eu, iu, obwohl die Diphthongs eu und iu eher selten auftreten).

Als Konsonanten des Quenya im Dritten Zeitalter können aufgelistet werden: c (= k), d, f, g, gw, h, hy, hw, l, ly, m, n, nw, ny, p, qu, r, ry, s, t, ty, v, y und w (diese Auflistung ist nicht ganz unumstritten; das Konsonantensystem des Quenya kann auf mehrere plausible Arten gedeutet werden). Beim Schreiben des Elbischen hält die Tengwar-Schrift auch den Unterschied fest zwischen einigen Konsonanten, die sich bis zum Dritten Zeitalter in ihrer Aussprache annäherten und schließlich ganz ineinander übergingen (þ wurde zu s, während das am Wortanfang stehende ñ in n überging – siehe die Besprechung der Aussprache weiter unten).

In der Übertragung und Rechtschreibung, die wir in diesem Sprachkurs gebrauchen, tauchen solche frühere Formen von Konsonanten nur in zwei Fällen auf: hl und hr waren ursprünglich stimmloses l bzw. r, gingen aber später in die "normale", stimmhafte Aussprache l, r über (und wurden deshalb in der obigen Konsonantenauflistung auch nicht berücksichtigt). Daher werden wir z.B. hrívë ("Winter") mit hr buchstabieren, obwohl Tolkien die typische Aussprache des Dritten Zeitalters als "rívë" (mit normalem r) vorsah.

Obwohl die Konsonanten hy, gw, hw, ly, nw, ny, ry, ty, und qu (und hr, hl) hier mit zwei Buchstaben (als Digraphe) geschrieben werden, stellen sie einen einzelnen Laut dar. Auf ihre Aussprache gehe ich weiter unten im Detail ein. Digraphe auf w stellen Labiallaute dar, jene auf y stehen für Palatallaute (eine detailliertere Beschreibung siehe wie gesagt weiter unten). Es sollte beachtet werden, dass qu nur eine ästhetische Art der Buchstabierung ist, welche an Stelle des cw tritt (die meisten würden zustimmen, dass Quenya besser aussieht als Cwenya). Auf diese Weise ist qu, ebenso wie nw, ein labialer Konsonant (siehe weiter unten). Beim Silbenzählen darf nicht vergessen werden, dass es den Vokal u in der Kombination qu eigentlich gar nicht gibt. "u" steht hier für ein w. Ein Wort wie alqua ("Schwan") hat folglich nur zwei Silben: al-qua (= al-cwa). Man darf nicht "al-qu-a" trennen und daraus schließen, das Wort bestehe aus insgesamt drei Silben. In der Tengwar-Schrift wird qu durch ein einziges Zeichen repräsentiert, und in den meisten frühen Quellen gebrauchte Tolkien sogar nur den Einzelbuchstaben q für den Laut qu. anhören

Doppelkonsonanten:  Manche Konsonanten treten auch in langen oder doppelten Versionen auf; doppelte versus einzelne Konsonanten können mit langen versus kurzen Vokalen verglichen werden. Die offensichtlichen Fälle, in denen sich ein Doppelkonsonant direkt in der Rechtschreibung niederschlägt, sind cc, ll, mm, nn, pp, ss und tt (z.B. ecco "Speer", colla "Umhang, Mantel", lamma "Klang, Ton, Geräusch", anna "Geschenk, Gabe", lappa "Saum eines Gewands", yarra- "brummen, knurren", essë "name", atta "zwei"). Die Gruppe pp ist sehr selten und wird nur in dem Material gefunden, welches lange vor dem HdR verfasst wurde. In der Note on Pronounciation im Anhang des Silmarillions schrieb Tolkien: "Doppelt geschriebene Konsonanten werden lang ausgesprochen, also hat Yavanna das lange n, das im Englischen unnamed, penknife hörbar ist, nicht das kurze n wie unaimed, penny"; deutsche Beispiele wären unnahbar für das lange, Sonne für das kurze n. Worte wie tana "das" im Gegensatz zu tanna "Zeichen", tyelë "endet" versus tyellë "Rang, Grad, Qualität", ata "wieder" versus atta "zwei" sollten deutlich zu unterscheiden sein. – Möglicherweise müssen einige als Digraphe notierte Konsonanten auch zu den doppelten Konsonanten gezählt werden, wenn sie zwischen Vokalen auftreten; z.B. ny = langes oder doppeltes Palatal-n (mehr dazu weiter unten). anhören

Konsonantencluster (im Gegensatz zu einzelnen Konsonanten): Viele Konsonanten hintereinander auszusprechen ist schwierig, daher beschränken sich die Sprachen der Welt auf relativ kleine Gruppen ("Cluster") von Konsonanten. Das typische Wort fast jeder Sprache besteht aus einer Folge, in der sich Vokale und Konsonanten (einzelne Konsonanten oder relativ kurze Cluster) abwechseln – und für gewöhnlich ist dabei das "Herz" einer jeden Silbe ein Vokal. Tolkiens Quenya ist hierbei keine Ausnahme; tatsächlich besitzt diese Sprache recht strenge Regeln bezüglich der Art, in der Konsonanten und Vokale zu Silben und längeren Worten geformt werden dürfen. Dennoch sind Konsonantencluster recht häufig, auch wenn sie nicht so willkürlich wie im Deutschen zusammengesetzt werden. Während z.B. das Deutsche und in diesem Fall auch das Sindarin Konsonantencluster am Anfang von Worten erlauben, tut es das Quenya nicht (SD:417-418). Ein Wort wie Sprung, beginnend mit einem Cluster von nicht weniger als drei Konsonanten (s, p, r), wäre im Quenya undenkbar. Tolkien schrieb, dass der Name, den die "Woses" oder Wilden Menschen sich selbst gaben, Drughu, ins Quenya als übernommen wurde (UT:385). Den initialen Konsonantencluster dr- des Originals konnte das Quenya nicht erhalten (mal ganz davon abgesehen, dass d in dieser Position im Quenya ebenfalls unmöglich ist). Das Quenya erlaubt eine begrenzte Anzahl von Konsonantenclustern in medialer Position, also  zwischen Vokalen in der Wortmitte; als "häufige" und "bevorzugte" Cluster listete Tolkien auf: ld, mb, mp, nc, nd, ng, ngw, nqu, nt, ps, ts und x (für cs). Auf diese Art bekommen wir Worte im Quenya-Stil wie Elda "Elb", lambë "Sprache, Zunge", tumpo "Hindernis, Buckel", ranco "Arm" usw. Final, also am Ende eines Worts, dürfen nur fünf einzelne Konsonanten auftreten: nur -l, -n, -r, -s oder -t sind in dieser Position gestattet (Letters:425; die meisten Quenya-Worte enden jedoch auf einen Vokal). Konsonantencluster und Doppelkonsonanten findet man normalerweise nicht am Wortende; sie können jedoch auftreten, wenn ein finaler Vokal wegfällt, weil das nächste Wort mit demselben oder einem ähnlichen Vokal beginnt. So haben wir im HdR ein "finales" nn in der Phrase lúmenn' omentielvo ("auf die Stunde unserer Begegnung"), aber nur, weil dies eine Verkürzung von lúmenna omentielvo ist (die volle Form ist WJ:367 und Letters:424 entnommen). Der einzig echte Konsonantencluster am Ende eines Worts scheint nt zu sein, eine spezifische grammatikalische Endung (dualer Dativ, wird in späteren Lektionen besprochen) - z.B. in ciryant "für ein Schiffspaar", geformt aus cirya "Schiff". Die frühesten "Qenya"- Experimente Tolkiens, aufgezeichnet im Qenya Lexicon of 1915, waren in dieser Hinsicht weitaus freier. "Qenya" erlaubt viel mehr finale Konsonanten und sogar finale Konsonantencluster. Doch als sich der HdR-Quenyastil in Tolkiens Notizen entwickelte, engte er die Phonologie ein. Auf diese Weise gab er der Sprache einen klareren, festgelegten Stil. anhören

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