Quenya Corpus

 

Lúthien bereitet ihre Flucht von Hírilorn vor - Eissmann

 

Zitate und Material der folgenden Quellen stellen mehr oder weniger perfektes Quenya dar - Quenya, wie es tatsächlich gesprochen wurde (die Version, die am Ende eines langen Entwicklungsprozesses von Tolkien vermutlich als "reif" betrachtet wurde). Einzelne Wörter, die hier und da auftauchen, führe ich an dieser Stelle nicht an. Auch Baumbarts hochelbische Phrase, in der er Quenya-Elemente nach Ent-Art zusammenwirft, lassen wir hier aus, da es sich offensichtlich nicht um korrektes Quenya handelt.
(Alle folgenden Beispiele stammen von J.R.R. Tolkien.)

 

Um die einzelnen Sätze zu hören, einfach auf die hellblauen Sätze und Wörter klicken.

 

Elen síla lúmenn' omentielvo.
"Ein Stern scheint auf die Stunde unserer Begegnung", eine elbische Begrüßung aus dem "Herrn der Ringe" (I/1, Kap. 3). (In der ersten Edition des HdR stand omentielmo, wahrscheinlich die Auslegung von Frodos Originaltext, von Tolkien ins Englische übersetzt. Doch Gondorianische Kommentatoren verwiesen auf omentielvo als korrekte Lesart in diesem Zusammenhang, und Tolkien benutzte diese Form, als 1966 eine revidierte Fassung des HdR publiziert wurde. Siehe Letters:447. Beachten Sie, dass "omentilmo" in manchen amerikanischen Ausgaben ein Tippfehler ist.) Diese Begrüßung erscheint auch in WJ:367, dort in der Form Elen síla lúmenna omentielvo, ohne Auslassung des letzten a in lúmenna. (Letters:424 enthält einen Teil des Grußes - ohne elen -, aber wiederum ohne Auslassung des finalen a.) Eine frühere Form der Begrüßung findet sich in RS:324: Eleni silir lúmessë omentiemman "die Sterne scheinen auf die Stunde unserer Begegnung", verändert zu Elen silë... "Ein Stern scheint..."Omentiemman mit dem Genitiv auf n ist "Qenya" [eine Vorläuferform des "reifen" Quenya – Anm. der Übers.], doch die Verbformen sind interessant (ein gutes Beispiel für den Aorist, Singular und Plural).

Arwen vanimelda, namárië!
"Schöne Arwen [wörtl.: Arwen deine Schönheit], lebe wohl!" – Aragorns Abschiedsworte an Arwen auf Cerin Amroth, die er viele Jahre später am selben Ort wiederholt, als er mit den Gefährten durch Lothlórien reist. In der ersten Ausgabe stand vanimalda statt vanimelda. (HdR1/II, Ende Kap. 6, übersetzt in WJ:369. Die Version des HdR nennt namarië anstatt namárië, aber sowohl WJ:369 als auch andere Quellen [eine davon der HdR selbst] bestätigen, dass der zweite Vokal á lauten muss, und nicht a).

Namárië...
"Lebewohl", ein langes Quenya-Gedicht (80 Wörter) im HdR1/II, Ende Kap. 8. Auch bekannt als "Galadriels Klage".
Bis zur Publikation des Markirya-Gedichts (s. weiter unten) der längste bekannte Quenya-Text. Das ganze Gedicht ist zweimal in RGEO:66-67 angegeben. In die erste Version fügte Tolkien Akzente ein, die alle Haupt- und Nebenbetonungen anzeigen. Die zweite Version mit ihrer interlinearen Übersetzung unterscheidet sich etwas von derjenigen des HdR. Tolkien erklärte, dass "die Wortfolge und der Stil [der HdR-Version] ‚poetisch’ ist und Zugeständnisse an das Metrum macht". Er überarbeitete das Gedicht noch einmal zu einem "klareren und eher normalen Stil", was uns einen direkten Vergleich zwischen poetischem und normalem hochelbischen Stil ermöglicht.

-> Zur vollständigen Besprechung und Wort-für-Wort-Analyse des Gedichts
(wegen seiner Länge auf einer separaten Seite).

Hier das Lied, versehen mit Tolkiens interlinearer Übersetzung:

          Ai! laurië lantar lassi súrinen,
         
Ah! wie Gold fallen die Blätter im Wind,
         
yéni únótimë ve rámar aldaron!
         
lange Jahre ungezählt wie die Schwingen von Bäumen!
         
Yéni ve lintë yuldar avánier
         
Die langen Jahre sind wie rasche Schlucke des süßen Mets
         
mi oromardi lissë-miruvóreva
         
vergangen, in luftigen Hallen
         
Andúnë pella, Vardo tellumar
         
jenseits des Westens, unter den blauen Kuppeln Vardas
         
nu luini yassen tintilar i eleni

         
worin die Sterne zittern
         
ómaryo airetári-lírinen.
         
bei der Stimme ihres Liedes, heilig und königlich.

          Sí man i yulma nin enquantuva?
         
Wer nun wird den Kelch für mich wieder füllen?

          An sí Tintallë Varda Oiolossëo
         
Denn nun hat die Entfacherin, Varda vom Berg Immerweiß,
         
ve fanyar máryat Elentári ortanë
         
die Sternenkönigin, wie Wolken ihre Hände erhoben
         
ar ilyë tier undulávë lumbulë
         
und alle Wege sind versunken im tiefen Schatten;
         
ar sindanóriello caita mornië
         
und aus einem grauen Land [kommend] liegt Finsternis
         
i falmalinnar imbë met,
         
auf den schäumenden Wogen zwischen uns,
         
ar hísië untúpa Calaciryo míri oialë.

         
und Nebel bedeckt Calaciryas Juwelen auf ewig.
         
Sí vanwa ná, Rómello vanwa, Valimar!
         
Verloren ist nun, verloren für jene aus dem Osten, Valimar!
         
Namárië! Nai hiruvalyë Valimar!
         
Lebewohl! Mag sein, Du wirst Valimar finden!
         
Nai elyë hiruva! Namárië!
         
Mag sein, sogar Du wirst [es] finden! Lebewohl!

Aiya Eärendil Elenion Ancalima!
"Heil Eärendil, Hellster der Sterne!" Fragment eines Gedichts über Eärendil, das Frodo in Kankras Lauer ausruft, als er Galadriels Phiole benutzt (HdR2/IV Kp. 10, übersetzt in Letters:385).

A laita te, laita te! Andave laituvalmet! ... Cormacolindor, a laita tárienna!
"Preiset sie, preiset sie! Lang werden wir sie preisen! [Die] Ringträger, preiset [sie] auf das Höchste!" Die Lobrufe, die Frodo und Sam auf dem Feld von Cormallen erhalten (HdR3/VI Kap. 4, übersetzt in Letters:308).

Et Eärello Endorenna utúlien. Sinome maruvan ar Hildinyar tenn' Ambar-metta!
"Vom Großen Meer nach Mittelerde bin ich gekommen. An diesem Orte werde ich verweilen, und meine Erben, bis zum Ende der Welt." - Elendils Worte, als er nach dem Fall Númenors nach Mittelerde kommt, wiederholt von Aragorn anlässlich seiner Krönung (HdR3/VI Kap. 5). Frühere Versionen finden sich in SD:56: Et Ëarello Endorenna lendien. Símane maruvan, ar hildinyar, kenn' Iluve-metta, verändert zu Et Ëarello Endorenna nilendie. Sinome nimaruva yo hildinyar tenn' Ambar-metta. Diese Varianten sind möglicherweise kein perfektes, reifes Quenya; insbesondere das pronominale Präfix ni ("ich") und wahrscheinlich auch das ganze Konzept pronominaler Präfixe schien Tolkien zugunsten von Suffixen verworfen zu haben.

Yé! utúvienyes!
"Ich habe es gefunden!" Aragorns Ausruf, als er den Schössling des Weißen Baumes findet (HdR3/VI Kap. 5). wird nicht übersetzt, scheint jedoch ein einfacher Ausruf zu sein (vgl. das englische "yeah!").

A vanimar, vanimálion nostari.
"O Schöne, Eltern schöner Kinder", begrüßt Baumbart Celeborn und Galadriel im HdR3/VI Kap. 7 (das Komma fehlte in der ersten Ausgabe des HdR, erschien jedoch in der zweiten). Übersetzt in Letters:308 und SD:73. (Letztere Quelle gibt die Übersetzung "Schöne, Erzeuger von Schönen" an, und diese Wiedergabe ist wörtlicher.) Eine frühere Version desselben Satzes findet sich in SD:64: O vanimar vanimalion ontari. Diese Version bestätigt, dass die Form "ontani" als Plural von ontaro, ontarë "Elternteil" in den Etymologies ein Fehler ist (und ontari lauten müsste; LR:379).

Utúlie'n aurë! Aiya Eldalië ar Atanatári, utúlie'n aurë!
"Der Tag ist gekommen! Sehet, Völker der Elben und Väter der Menschen, der Tag ist gekommen!" Fingons Ruf vor der Fünften Schlacht (Silm Kap. 20). Eine Variante in WJ:166 nennt Atanatarni statt Atanatári.
Auta i lóme!

"Die Nacht (ver)geht!" Die Antwort des Heeres auf den Ruf Fingons (Silm Kap. 20).
Aurë entuluva!
"Tag wird wieder kommen!" [sinngemäß: "es soll wieder Tag werden"] Húrins Rufe, als die Schlacht verloren ist (Silm Kap. 20).

A Túrin Turambar turún' ambartanen!
"O Túrin, Meister des Schicksals, vom Schicksal gemeistert", Nienor Níniels Schrei, als sie entdeckt, dass ihr Gemahl ihr eigener Bruder ist (UT:138). Im Silmarillion (am Ende des 21. Kapitels) wird turún' zum schlichten turun. Überraschenderweise benutzt Nienor die Sindarinform des Namens, Túrin, statt der Quenyaform Turindo (LR:395).

Vanda sina termaruva Elenna·nórëo alcar enyalien ar Elendil Vorondo voronwë. Nai tiruvantes i hárar mahalmassen mi Númen ar i Eru i or ilyë mahalmar eä tennoio.
"Dieser Eid soll in Erinnerung des Lands des Sterns und der Treue Elendils des Getreuen stehen, in der Obhut derer, die auf den Thronen des Westens sitzen und des Einen, der ewig über allen Thronen ist." (Wörtlich bedeutet der zweite Satz eher "mögen sie ihn bewahren, die auf den Thronen des Westens sitzen und der Eine, der ewig über allen Thronen ist.") Cirions Eid, zwei Quenya-Sätze in UT:305, alles in allem 26 Worte. Tolkien fügte einige interessante grammatikalische Bemerkungen hinzu (UT:317).

Anar kaluva tielyanna.
"Möge die Sonne auf Deinen Weg scheinen", ein Gruß (UT:22; Übersetzung siehe UT:51).

Ein paar weitere Sätze und Phrasen, gefunden in The War of the Jewels (WJ):
áva kare
"tu es nicht!" (S. 371),
i karir quettar ómainen "diejenigen, die mit Stimmen Worte formen" (S. 391),
á vala Manwë
"möge Manwë es befehlen",
Valar valuvar
"der Wille der Valar wird geschehen" (beides auf S. 404).

Ein paar weitere Sätze und Phrasen, gefunden in The Peoples of Middle-earth (PM):
Manen lambë Quendion ahyanë [?]
"Wie veränderte sich die Sprache der Elben?"
Mana i·coimas Eldaron [?]
"Was ist das 'coimas' der Eldar?" (beides S. 396), ebenso 'Mana i·coimas in ·Eldaron?' maquentë Elendil auf S. 403, nicht übersetzt, doch offenbar bedeutend *" 'Was ist das coimas [Lembas] der Eldar?', fragte Elendil";
Sin Quente Quendingoldo Elendilenna
(S. 401), nicht übersetzt, doch offenbar bedeutend *"dies sprach Pengolodh zu Elendil". Die  Kurzform Quentë Quengoldo am Ende eines langes Textes in PM:404 wurde auf der nächsten Seite als "so/dies sprach Pengolodh" übersetzt, doch wörtlich bedeutet es schlicht: *"sagte Pengolodh".

Das Markirya - Gedicht in MC:221-222. Mit einer Länge von mehr als 90 Worten ist dies der längste jemals veröffentlichte Quenya-Text (in MC:4 beschreibt es Christopher Tolkien als "eines der Hauptwerke des Quenya"). Tolkien nahm einige Überarbeitungen vor und fügte noch ein Glossar hinzu. Das Gedicht wird in MC:214-215 übersetzt (beachten Sie Anmerkung 8 in MC:220). Eine detaillierte Analyse des Gedichts liegt in englischer Sprache hier auf der Ardalambion - Seite vor, die Übersetzung ins Deutsche befindet sich bereits in Arbeit.

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